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Johannes Philipp Speder

Strenge. Wunder. Kammern.

Wird man zu einer Welterkundung eingeladen, ist das ähnlich als würde man nach Stunden aus dem Flugzeug steigen, oder – ein wenig unaufwändiger – ein Buch aufschlagen. Fremde Welten sind Stunden oder Kilometer von uns entfernt, sind Reisen, Zeitreisen oder aber Reisen, die wir nur in unserer Vorstellung durchspielen. Wir können in Timbuktu herauskommen oder in Xanadu, am Kap der Guten Hoffnung oder in El Dorado.

Passieren wir die Grenze, stellen sich Fragen wie, welche Regeln und Gesetze herrschen oder gelten hier, wie ist der Raum beschaffen und wer lebt hier? Johannes Speder zieht keine Grenzen. Er gibt uns keine Karten zur Hand, zeichnet keine Landschaften und baut keine Häuser und Städte. Topographie? Nada. Seine Welt wird einzig definiert durch die Wesen, die sie bevölkern. Es ist ein wildes Sammelsurium an hybriden Gestalten. Gestalten, von denen wir nicht wissen, ist das vor unseren Augen ihre endgültige Gestalt oder machen sie gerade eine Metamorphose durch. Wandeln sie sich vom Menschen zum Tier, vom Tier zum Menschen oder in eine dritte Richtung, in gänzlich neue Wesen? Was ist das Ursprüngliche, fragen wir uns, und was ist Veränderung, was ist Körper und was ist Prothese? Oder organischer formuliert: Was ist gewachsen und was ist zugewachsen? Ist der Kopf, das, was bleibt, oder doch der Schlangen-schwanz, in den sich manche der Gestalten zu beißen scheinen, auf der Suche nach ihrem Anfang und 
ihrem Ende.

Ich gehe durch die Räume, sehe dieses wilde, dieses ausgelassene – im doppelten Wortsinn – Sammelsurium und frage mich, woran mich das erinnert? Ich grüble zuerst in der Gegenwart nach, weil ich mich ja in der Schau eines zeitgenössischen Künstlers befinde. Werde da aber nicht fündig und grabe weiter. Und da fällt es mir ein: Ich befinde mich hier in einer Wunderkammer. Genau so einer wie sie Fürsten und Könige in ihren Schlössern unterhielten. Besiedelt von unglaublichen Wesen, mitgebracht vom anderen Ende der Welt, ein Reich des Fantastischen, des Unvorstellbaren.

Und: Ein Reich vor jeder Kategorisierung. Eine Welt, die erst im Entstehen begriffen ist: Die ihre Ordnung gerade erst herausbildet. Es ist ein wilder Katalog, ein Thesaurus, eine chaotische Enzyklopädie. Aber wie wir von Nietzsche wissen: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Johannes Speder gleicht den manischen Forschungsreisenden der Barockzeit. Er ist einer, der sammelt, um zu verstehen und beschwört den Moment herauf, wo die Sammlung nach einer ihr innewohnenden Ordnung fragt. Was die Arbeit von Johannes Speder so zugänglich macht? Er ist uns keinen Schritt voraus. Er ist der barocke Forschungsreisende, der gerade von seiner großen Fahrt zurückgekommen ist und seine Fundstücke vor uns ausbreitet. Mitgebracht hat er sie aus seinen Träumen. Aus Träumen, die sich bei ihm unerwartet und unheimlich eingestellt haben, als sein Vater starb. Die Traumreisen hat er mittlerweile ritualisiert. Eine Woche jeden Monat, geht er zweimal täglich auf große Traumfahrt.

Ihre ganz eigene Traumfabrik betrieben haben die Surrealisten und was Mischwesen, Dämonen und Halbgöttinnen betrifft, vor allem Max Ernst. Es bietet sich deshalb an, die Bestiarien und Chimären-
Enzyklopädien von Ernst und Speder auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede abzuklopfen. Bei Max Ernst war die Ironisierung des menschlichen Körpers Teil des Programms. Als Frontsoldat im Ersten Weltkrieg wollte er weg vom klassischen Körperbild, der Hero sollte zur Witzfigur werden, weil man Witzfiguren nicht in den Krieg schicken kann. Bei Speder finden wir immer wieder Gestalten, die einem in ihrer Kombination von Nymphe und Schlangenhaut oder Venus und Pelz zum Schmunzeln bringen, der Humor ist aber nicht Teil des Programms. Speder ist in seinen Traumlandexpeditionen ganz Naturforscher und Entdecker und damit einer Authentizität verpflichtet. Ihm geht es um die wahrheitsgetreue Abbildung seiner Traumlandbewohner, und in diesem Aspekt ist er näher bei Alexander Humboldt als bei Max Ernst. Da wird nicht gebastelt, sondern gesammelt, nicht erfunden, sondern beschrieben.

Bei Max Ernst gibt es mechanische Figuren, die meist männlich sind und weibliche Figuren, die ihren Ursprung in der Erdgeschichte zu haben scheinen und geologisch geschichtet und geformt wirken. Bildtitel wie „eislandschaften eiszapfen“ und „gesteinsarten des weiblichen Körpers“ sprechen das auch explizit aus. Die weiblichen Körper sind deshalb auch die unergründlicheren. Ihr Spektrum an Eigenschaften und Möglichkeiten ist nicht absehbar. Von ihnen kann noch Unerwartetes kommen. Gleiches kann von den Frauengestalten gesagt werden, die wir in den Collagen von Johannes Speder sehen. Bei Ernst können die Frauengestalten mit Landschaften verschmelzen, bei Speder stellen sie oft Landschaften oder Orte dar – ein Genius Loci, der Hand und Fuß hat. Außerdem kommen in Speders Gestalten Gegensätze zusammen. Sie wirken gleichzeitig jung wie eine femme fatale und weise wie die Erde selbst. Sind gleichzeitig Dämon und Engel, lasziv und asexuell. Apokalyptische Reptilienreiterinnen und melancholische Schmetterlinge.

Ihre Verführungskraft liegt genau in ihrer Doppel-deutigkeit. Ob sie einen verführt oder einem den Kopf abbeißt, oder, wie eine Gottesanbeterin, genussvoll eines nach dem anderen macht. Mit seinen Arbeiten greift Johannes Speder ein Grundprogramm der Moderne auf, die Poetisierung und Re-Mythisierung des Menschen nämlich. In Zeiten der Krise gibt es die Tendenz zurück zu den Anfängen zu gehen, alles auf Anfang zu stellen und einen Neuversuch zu starten. Sogar im kommerzialisierten Hollywood – Kino bemerkt man diese Tendenz, wo derzeit Superhelden zurück zu ihren Anfängen geführt und neu interpretiert werden. Guy Davenport hat die Moderne die große Zeit einer erfundenen Archaik genannt. Das Originalzitat: „Was an unseren Zeiten am modernsten ist, war das, was am archaischsten ist.“Genauer ausgeführt hat das der der U.S.-amerikanische Essayist Eliot Weinberger. Zitat: „Es herrschte die insgeheime Vorstellung, dass wir, wenn wir nur die Geheimnisse dessen, was am Anfang geschah, enträtseln könnten… wieder von vorne beginnen und die offensichtlichen Fehler, die uns hierhergebracht haben, korrigieren könnten.“Hier treffen sich das Politische und das Private. Die Krise unserer globalen Welt – mit einer mehr als angeknacksten Umwelt und deregulierten Finanz-märkten – und die persönliche Krise von Johannes Speder nach dem Ableben des Vaters.

Magister Wolfgang Popp
Autor und Redakteur beim ORF

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