Ronan Dillon

„Radical Ruralism” verschränkt ländlichen Habitus mit zeitgenössischer Kunstpraxis und manifestiert damit den Dualismus von Stadt und Land in einer kompromisslosen Geste. Daneben verhandelt die Ausstellung ein weiteres zentrales Thema: die Markierung. – Zum einen die konkrete Markierung und Umzäunung von Schafen, und zum anderen kann die Markierung auf einer Metaebene zwischen dem Individuellen und dem Kollektiven verstanden werden: wie kennzeichnen sich Zugehörigkeit und ‘Revier’ in natürlichen und in sozialen Kontexten? Dient die Markierung der Ausgrenzung und Verbindung gleichermaßen? Und gibt es überhaupt noch so etwas wie „natürliche Natur” oder ist auch der ländliche Raum längst ein sozialer geworden?
Ronan Dillon ist in Dublin aufgewachsen und lebt heute an der Westküste Irlands. In diesen grünen Naturlandschaften wurde er von einer der wenigen Parallelen zum Stadtleben inspiriert: der Verwendung von Sprühfarbe. Was in der Stadt eine künstlerische Praxis ist, wird auf dem Land zur Kennzeichnung von Schafen verwendet. Die wolligen Markierungen erinnern an Graffiti-Tags und werden von den Schaf-Besitzer_innen frei per Hand in kräftigen Grundfarben auf die Schafe gesprüht. Dillon greift diese individuellen Farb- und Markierungskombinationen der Schäfer_innen in seiner Kunst auf, indem er dieselbe landwirtschaftliche Sprühfarbe verwendet und auch die frei-impulsive Malweise übernimmt.
Für die Einzelausstellung „Radical Ruralism” nutzt Dillon weitere experimentelle Farbmedien, darunter einen speziellen Farbstoff für Schafswolle, mit der Schafe für Zuchtausstellungen gefärbt werden, feste Graphit-Klumpen und landwirtschaftliche Schaf-Markierungsstifte. Darüber hinaus gibt es Filmmaterial von Peter Martin zu sehen sowie Wandbehänge und Sitzskulpturen, die von Dillon mit irischer Schurwolle handgetuftet wurden. Ebenso wird das wohl polarisierendste Thema der Deutschen künstlerisch verhandelt: der Wolf – dessen Ausbreitung immer wieder zu teils absurden Konflikten zwischen Schafzüchter_innen und Umweltschützer_innen sorgt.
„Radical Ruralism” ist Teil von ‘Zeitgeist Irland 24’, einer Initiative von Culture Ireland und der irischen Botschaft in Deutschland.
(Text: Helene Osbahr)