Joachim Bosse

Seien wir einmal ehrlich: Kunst, da geht es um Preise und ums Verkaufen. Um Besucherzahlen und ums Schlange stehen. Ums Sehen- und Haben-Wollen. Um Hype und Rekorde. Zur Bestätigung genügt ein Blick in die Zeitung. Ein Auktionsrekord hier, ein Auktionsrekord da. $45 Millionen. $40 Millionen. £37 Millionen. Und jetzt werden auch noch unbegreiflich hohe Summen für digitale Dateien gezahlt. $69 Millionen. $92 Millionen. Aber: Ohne Kunst keine Verkäufe. Deshalb geht es bei Kunst erst einmal um Kunst. Um Konzept und Kommunikation. Um Kunstgeschichte und Kontext.

Der deutsche Konzeptkünstler Joachim Bosse fetischisiert den Verkauf in seiner Soloausstellung “For Sale”, so der Titel, sachlich und marktschreierisch zugleich. Die Ausstellung besteht aus 15 Leuchtkästen in weiß, rot und gelb und einem Werbefilm feat. Rapper Massiv, Schauspieler Wilson Gonzales und Reality Star Kader Loth – so wie es sich für eine Verkaufsausstellung gehört. Es gibt Sale, Sale, Sale und Prozente. Sonderaktion, Daumen hoch. Neu und for rent. Buy 1, get 1 free. “For Sale” ist Konsum und Kapitalismus, Produkt und Promotion.

Bosse kommt aus der Werbung. Jetzt wirbt er mit seiner Kunst wortwörtlich für den Verkauf und gibt dem Käufer Handlungsanweisungen wie im Supermarkt und Kaufhaus an die Hand. Prozente. Holen Sie sich die Prozente. Sale, Sale, Sale. Verhandeln und kaufen Sie. New. Schlagen Sie zu. Das Verhandeln und Zuschlagen ist Teil des Konzepts. Es ist nicht genug für alle da.

Wenn immer Sale ist – ein Blick in Einkaufsstraßen und den Supermarkt genügt zur Bestätigung –, ist Sale ein Mindset. Das gilt auch für die Kunst von Bosse. Der kommt nicht nur aus der Werbung, sondern auch von Künstlern, die aus der Werbung kommen und Ikonen erschaffen haben wie Warhol mit den Suppendosen. Bosse erschafft gar nicht erst eine Ikone, nämlich den SALE und ihr Design, er eignet sich die Ikone an und dekliniert sie konzeptuell durch.

In einer Gesellschaft, die zwischen Ausrufezeichen und Fragezeichen hin- und herspringt, ist die Kunst bei Bosse entschieden und sagt selbst, was sie bietet. Den Verkauf des Verkaufs. Sonderaktion!
Text: Anika Meier