07.06.2019 - 07.07.2019
Tizian Baldinger
Paradise Baby
Licht, Glanz und Elend verbinden sich in ihr, eine nicht verblassen zu wollende Hoffnung auf verwirklichte Freiheit und kompromisslose Unabhängigkeit: Tizian Baldingers Kunst ist als konzeptueller Gesamtprozess zu begreifen, als eine meditative und intellektuelle Auseinandersetzung mit der Welt und ihren unterbewussten Abgründen.
Baldinger beschreibt sich selbst als hoffnungsvollen Narzissten. Er selbst und seine egozentrische Sicht auf das Leben sind Ausgangspunkt seines künstlerischen Schaffens, in dem er archaische Motive mit zeitgenössischen Materialien zusammenbringt. „I Don’t Care About the Future“, „The Sky is Bright“ oder „Watch Me” sind nur einige seiner provokanten Parolen, die er mit flüchtigen Pinselstrich auf transparentem Plexiglas aufbringt und mit farbigen Neonröhren hinterleuchtet. Worthülsen, scheinbar aus der Werbung und Popindustrie stammend, fungieren in Baldingers System unter anderem als ironischer Verweis auf das heimliche Versprechen der Kunst generell: Die Verheißung aus dem Gewöhnlichen ins Ungewöhnliche geführt zu werden, zu höherer Erkenntnis zu gelangen und dem Guten und Schönen nah zu sein.
Auch Holz, Monitore und Tierfelle sind, neben seiner Person als Performer, Medien die Baldinger für seinen Ausdruck nutzt. Er verbaut sie zu Lichtinstallationen, die an Totempfähle, Kultstätten oder Iglus erinnern und dem Publikum zugänglich sind. Immer wieder tauchen religiöse Symbole sowie tierische Begleiter wie der Fuchs, der Hahn oder der Falke auf. Diese sind entweder als lebende Akteure in seinen Videos zu sehen, zeichenhaft mit Neonröhren installiert oder kommen als präparierte Tierfelle zum Einsatz. So bedeckt Baldinger in seinen Performances und Videos seinen Kopf etwa mit einem Fuchsfell, als wollte er sich, einem Schamanen gleich, die dem Fuchs zugeschriebenen Eigenschaften aneignen. Angespielt wird hier zum einen auf die Rolle des Künstlers im Kunstsystem und zum anderen auf das in uns schlummernde Tier, das uns an unsere unterdrückten Gelüste und Sehnsüchte erinnert.
Tizian Baldinger (*1987) ist in Aarau in der Schweiz, geboren und aufgewachsen. Dort gründete er 2009 im Gebäude einer ehemaligen Autogarage das Kunst- und Kulturzentrum Bleifrei, bevor er für sein Studium der Freien Kunst an der HFBK nach Hamburg zog. Im Jahr 2018 arbeitete Baldiger im Rahmen eines Stipendiums an der China Akademy of Art in Hangzhou, China, und wird sein Studium im Sommer 2019 in der Klasse von Anselm Reyle abschließen. Dass ein großes Ego, gepaart mit hohen Zielsetzungen und kluger künstlerischer Haltung in der Kunstwelt zum Erfolg führt, bewies er in zahlreichen Ausstellungen in Deutschland, China und der Schweiz sowie mit renommierten Residencies und Auszeichnungen. Aktuell lebt Baldinger in Berlin.
Nach seiner letzten Einzelausstellung in der Affenfaust Galerie „Get Rich Or Die Trying” entführt uns Baldinger unter dem Titel „Paradise Baby” erneut in seine Welt, in der wir selbst vielleicht unseren eigenen Narziss begegnen.
Text: Helene Osbahr
07.06.2019 - 07.07.2019
The show is over.